„So ein schöner Brauch!“
Urzeln am 50. Hirtentag in Hersbruck bewunderte Knaller
Laut, furchterregend, derb, alt ist der Urzelbrauch. Was er so schön dran findet, verrät der Sohn des letzten Stadthirten von Hersbruck, Hermann Schmitt, erst später.
Seit 30 Jahren ist Hermann Schmitt die Seele des jährlichen vom Hirtenmuseum organisierten Hirtentages. Am 6. Januar 2023 beim 50. Jubiläum hören wir seinen Hirtenprolog noch bevor Bürgermeister Robert Ilg und Bezirkstagspräsident Armin Kroder ihre Grußworte sprechen. Danach tritt er vor die Gäste, die sich vor dem Deutschen Hirtenmuseum versammelt haben, macht sich Platz und schwingt seine traditionelle Ringelpeitsche, er nennt es „patschen“, mit Ehrfurcht und großer Hingabe. Auch ist es dem 78-Jährigen endlich gelungen, einen jungen Mann und eine junge Dame zu finden, die das Knallen gelernt haben. Ein gebürtiger Ungar unterstützt sie. Man erfährt von Museumsleiterin Ingrid Pflaum Einiges aus der Geschichte des Museums, es erklingt der Hersbrucker Hirtenruf durch den Musiker und Instrumentenbauer Robert Vogel auf seinem selbstgebauten original fränkischen Langhorn und man lauscht fasziniert den „Vogelhörnern“, eine Bläsergruppe des Robert Vogel.


Und dann zeigen die zum Jubiläum eingeladenen Urzeln ihr Können: erst Maja Gerstacker-Roth als Urzeldame, danach Martin Faff, Manfred Kellner, Heinz Oczko-Theiss, Dietmar und Robert Roth. Das Publikum staunt und klatscht, die Urzeln sind nicht zu bremsen. Da tritt Hermann Schmitt zu den Urzeln und knallt mit. Ab da sind sie unzertrennlich, der Hirtensohn und die Urzeln! Bei den weiteren zwei Auftritten im Lauf des Tages vermischen sich die Grenzen, die Knaller werden eine Gemeinschaft, in der vor dem Publikum Peitschen getauscht, einzeln oder synchron aufgetreten wird. Gemeinsam wird Glühwein getrunken, man wird beste Freunde.
Das Museum ist interessant, man kann auf Kamelen reiten, Jodeln hören oder lernen, Holzfiguren, Wolle o.Ä. kaufen, Fotos mit den Gästen machen und von Siebenbürgen erzählen. Doch nichts kann die Freude übertreffen, die der Hirtensohn ausstrahlt, da er Gleichgesinnte gefunden hat, die auch Spaß am Peitschenknallen haben. Was er dabei am schönsten findet, ist das In-die-Peitsche-Nehmen von Zuschauer/innen, mit dem die Urzeln der betreffenden Person die Ehre erweisen (Das ist ein ganz alter Fruchtbarkeitsbrauch). Diesen Brauch probiert Hermann Schmitt sofort aus und wirft die Peitsche um mich, wir machen ein kleines Tänzchen. „So ein schöner Brauch!“ ruft er freudig. Welch schöner Auftakt in die Fastnachtszeit!
Doris Hutter