Kirche & Schule
Die Kirche mit dem Glockenturm und weiteren vier Türmen bildet den Mittelpunkt der Kirchenburg und das Zentrum Agnethelns.
1409 Auf den Grundmauern einer turmlosen romanischen Basilika beginnt deren Umbau zu einer gotischen Hallenkirche.
1500 bis 1525 Fertigstellung der heutigen gotischen Hallenkirche mit dem Glockenturm nach den Regeln des „Goldenenen Schnitts“, bei dem ausgehend von einem Grundmaß alle wichtigen Maße der Kirche bestimmt werden. So ergibt sich z. B. die Höhe der Turmspitze von 44,20 m aus der vierfachen, einstigen Höhe des Mittelschiffgewölbes von 11,05 m.
Um die Kirche und den Turm werden teils vor und teils nach diesem Zeitraum dreifache Ringmauern mit Vorratskammern (1466 erwähnt) gezogen und in die innere Ringmauer vier Wehrtürme (Fassbinderturm, Schmiedturm, Schneiderturm und Schusterturm), die den einzelnen Zünften zur Wartung und zur Verteidigung gegen Angreifer zugewiesen wurden, eingesetzt. Der so entstandene Burginnenhof dient der Bevölkerung als Schutz gegen die häufigen feindlichen Überfälle von Türken und Tataren. Wenn man bedenkt, dass es damals in Agnetheln nur ungefähr zweihundert „Wirte“ (Haushalte) gab, müssen die Bauten in einer so kurzen Zeit mit einer fast übermenschlichen Kraftanstrengung ausgeführt worden sein.

Nach Krieg und Pest sinkt in wenigen Jahrzehnten die Zahl der Wirte auf 135, Agnetheln ist aber noch immer der größte Ort im Schenker Stuhl.
Seit Beginn der osmanischen Bedrohung ab dem späten 14. Jahrhundert entstanden auf dem Siedlungsgebiet der Siebenbürger Sachsen etwa 250 stark befestigte Kirchenburgen und Wehrkirchen, von denen heute noch ca. die Hälfte stehen. Einige davon sind in die Denkmalschutzliste Rumäniens aufgenommen, sechs wurden sogar als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannt.
In der vorreformatorischen Zeit muss in Agnetheln auch ein Kloster vorhanden sein. Dies lässt sich daraus schließen, dass in alten Dokumenten ein im Westen der Kirche befindlicher Hof als „Klosterhof“ erwähnt wird. Es handelt sich hierbei um den Hutmacher-Fernengel-Hof wo einige Jahre nach dem 2. Weltkrieg die ungarische Schule untergebracht war. Angeblich war dieser Hof mit einem unterirdischen Gang mit der Kirchenburg verbunden.
1547 Einführung der Kirchenordnung aller Deutschen in „Sybembürgen“ des Reformators Johannes Honterus, d. h. die Sachsen werden bereits 30 Jahre nach dem Beginn der Reformation in Deutschland geschlossen lutherisch.
1650 Erbauung des spätgotischen Flügelaltars. Vielleicht ist diese Jahreszahl aber nur das Jahr der Erneuerung eines älteren Altars.
1695 Die Süd- und Nordtüren (Portale) der Kirche sind auf dieses Jahr datiert, weisen wertvolle Steinmetzarbeiten auf und sind mit Inschriften und Schnitzereien versehen. Die Schlösser sind kunstvolle Meisterarbeit.
1722 Die Synode der evangelischen Kirche beschließt, bereits fünf Jahre nach Preußen! den verpflichtenden Unterricht für Jungen und Mädchen.
1730 Erlass einer Nachbarschaftsordnung für die fünf vorhandenen Nachbarschaften Agnethelns, also für die Nachbarschaft der Weihergässer, Mittelgässer, Niedergässer, Obergässer und Neugässer.
1805 Bau der alten Schule am Südrand der Kirchenburg. Nach dem Bau der neuen Schule im Jahre 1867 wird sie als Lehrer- und Küsterwohnung benützt.
1844 Bau des Pfarrhauses.
1845 Die äußere Ringmauer der Kirchenburg wird abgetragen
1847 Johann Schindler wird als Pfarrer(1847-1863) in Agnetheln gewählt. Unter seiner Amtsführung ist die neue Orgel erbaut und die Glocke mit der Jahreszahl 1862 („Aolt“) umgegossen worden. Aus derselben Zeit stammen auch die neue Kanzel, der Taufstein sowie die Verkleidung der Emporen. Für den Neubau der Schule und für die Kirchengemeinde hat er einen ansehnlichen Betrag gespendet. Die Gemeinde hat ihren geliebten Pfarrer mit folgender Gedenktafel in der Kirche geehrt:
„Dem Andenken an die segensreiche Amtswirksamkeit
des Pfarrers Johann Schindler, 1847-1863
gewidmet von seiner dankbaren Gemeinde“
1850 Die Kirche erhält eine neue Orgel, eine der besten des Landes. Etwas später wird der Glockenturm mit einer neuen Uhr und mit neuen Zifferblättern ausgestattet. Die drei erwähnten Anschaffungen tun bis heute ihren Dienst.
1853 Die Kirche erhält eine neue Kanzel durch eine Spende von Johann Hager, seines Zeichens Schustermeister, Kirchenkurator, Gemeinderichter, auch Hann oder Bürgermeister genannt. Die Spende wird auf einer Erinnerungstafel an dem Pfeiler rechts von der Kanzel und nochmals an der seitlichen Holzverkleidung des Treppenaufgangs zur Kanzel erwähnt. Der Name von Johann Hager ist, neben anderen Namen, auch auf der Glocke „Aolt“ die im Jahre 1862 umgegossen wurde verewigt, woraus man schließen könnte, dass er auch hier mit einer Spende beteiligt war.
Sein öfter unter Beweis gestelltes politisches Geschick hat Bürgermeister Hager auch im Revolutionsjahr 1848 bewiesen. So gelingt es ihm, als rechts vom Harbach ungarische Ulanen (Lanzenreiter) und links vom Harbach Russen einquartiert waren, durch die Einladung der Kommandanten auf ein Glas Wein, die verfeindeten Truppen für einen Tag zu versöhnen
Sein Sohn Georg war Mitglied der aus drei Personen bestehenden Abordnung Agnethelns beim Begräbnis des ungarischen Politikers Ferenc Deák, dem Wegbereiter des österreichisch-ungarischen Ausgleichs in Budapest im Jahre 1876.
1863 Der Rektor des Schäßburger Gymnasiums, Georg Daniel Teutsch, wird als Pfarrer (1863-1867) in Agnetheln gewählt. Gleich zu Beginn seiner Amtstätigkeit leistet der ehemalige Schulmann Überzeugungsarbeit für den dringend notwendigen Neubau der Schule, für den dann im Jahre 1867 der Grundstein gelegt wird. Weiter veranlasst er die Gründung eines „Spar- und Vorschussvereins“ und eines Aktienunternehmens für den Bau einer Schwimmschule. Es gelingt ihm auch, die Armut der Kirche durch Erwerb von Kommunalboden zu lindern und die kärglichen Lehrergehälter aufzubessern. Besonders erwähnenswert sind auch die vielen hohen Ämter, die er außerhalb der kirchlichen Aufgaben wahrgenommen hat.
Die Agnethler haben sich nur schweren Herzens von ihrem Hirten getrennt, als dieser 1867 zum Sachsenbischof gewählt wurde.
1863 Einrichtung einer Gewerbeschule (neun Jahre früher als in Hermannstadt) die später den Namen Gewerbelehrlingsschule trägt und an die evangelische Volksschule A. B. angeschlossen ist.
1867 Grundsteinlegung für die neue Schule mit einem denkwürdigen Fest. Anwesend sind die Honoratioren von Kirche und Gemeinde, der Königsrichter des Schenker Stuhls, Gäste aus Schäßburg und einigen umliegenden Gemeinden sowie der Baumeister.
Die Urkunde der Grundsteinlegung, der Plan und die zukünftige Ansicht der neuen Schule wurden in eine Glasflasche gelegt, verkorkt und mit dem Kirchensiegel verschlossen. Die Flasche wiederum wird in einen Zylinder aus Blech gelegt in welchen noch Silber- und Kupfermünzen, Banknoten sowie verschiedene Zeitungen dazu kommen. Danach wird der Blechzylinder in die Höhlung des Grundsteins gelegt und dieselbe mit einem Steindeckel mit der Jahreszahl 1867 verschlossen.
1868 Einweihung der neuen Schule. Im Treppenaufgang wird die viel sagende Inschrift:
„Gott sagt: Es werde Licht“, angebracht.
1867 bis 1870 Die Vorratskammern und der Rest der ursprünglichen drei Ringmauern, von denen die äußere bereits in den vierziger Jahren geschleift wurde, werden abgetragen und zum Teil als Baumaterial für die neue Schule verwendet. Leider wird durch den Abriss der Kirchenburg das zentrale, Identität stiftendes Baudenkmal Agnethelns vernichtet.
1868 Fritz Franz Fronius wird als Pfarrer (1868-1896) in Agnetheln gewählt. Hier legt er einen Schulgarten an, der in seiner Konzeption, seiner Struktur und Reichhaltigkeit an Ziersträuchern und exotischen Arten weit über Agnetheln hinaus bekannt und berühmt wird. Die dankbaren Agnethler haben seine Pionierleistung mit einem schönen, ihm gewidmeten Denkmal, das heute noch in „seinem“ Garten steht, gewürdigt.
1883 wird auf Anregung von Pfarrer Fronius der Agnethler Evangelische Frauenverein gegründet. Bemerkenswert ist, dass dieses fast dreißig Jahre vor der Gründung des Frauenvereins in der sächsischen Hauptstadt Hermannstadt, geschah. Die erste Vorsteherin war seine Gattin Friederike. Die späteren Vorsteherinnen des Vereins, Gisela Eitel, Mathilde Römer, Ida Barthmes und Elsa Gräser, waren alle Gattinnen der jeweiligen Pfarrer. Der Verein hat mit Hilfe der fleißigen Agnethlerinnen über viele Jahrzehnte auf sozialem Gebiet, besonders in der Armen- und Krankenpflege, vorbildlich gewirkt.
1887 Eröffnung, auf Betreiben und mit finanzieller Hilfe des ev. Frauenvereins, einer Kinderbewahranstalt (Kindergarten). Bis das neue Heim 1914 fertig gestellt werden konnte, waren die Kinder in der Schule untergebracht.
1890-1892 Renovierungsarbeiten an der Kirche.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts erhalten Schmiedturm und Schneiderturm ein neues Dach. Am Fassbinder-Torturm wird der Rundbogen des Eingangs in einen Spitzbogen abgeändert und das Fällgitter über dem Eingang beseitigt.
1897 Einweihung der Friedhofkapelle und Eröffnung des neuen Friedhofs während der Amtstätigkeit von Pfarrer Eitel (1897-1903).
Die benötigten Grundstücke für die Vergrößerung des Friedhofs werden der Kirche von der Gemeinde (1 Joch) und von Christian Hager (Spiritusfabrikant), der einen Teil seines Gartens für den Bau von Grüften abtritt, geschenkt.
1900, August Agnetheln wird bereits zum zweiten Mal nach 1882 die Ehre zuteil, die so genannten Vereinstage in Agnetheln (Jahresversammlung des Gustav Adolf-Vereins, des Vereins für siebenbürgischen Landeskunde, des Allgemeinen Evangelischen Frauenvereins) in Anwesenheit der geistlichen, wissenschaftlichen und politischen Elite der Siebenbürger Sachsen auszurichten.
Diesen Veranstaltungen wurde vom Marktamt und dem ev. Presbyterium A. B. die Festschrift in Form eines Buches „Aus der Vergangenheit und Gegenwart des königl. freien Marktes Agnetheln“ gewidmet und den Gästen als Gabe überreicht.
1900 Aus Anlass der Vereinstage wird eine Turnhalle gebaut. Im Jahre 1940 wird die Turnhalle mit einer modernen Wasserzentralheizung ausgestattet, die erste Anlage dieser Art in Agnetheln.
1903 Amtsantritt von Pfarrer Carl Römer (1903-1909). Neben seiner seelsorgerischen Tätigkeit im Innland hat er die Kirche öfter bei wichtigen internationalen Veranstaltungen vertreten. Auch schriftstellerisch hat er sich einen Namen gemacht als Verfasser volkstümlicher sächsischer Gedichte, zu denen der Musiker Hermann Kirchner aus Thüringen während seiner Zeit als Musikdirektor in Mediasch, die einprägsamen Weisen komponiert. Das bei weitem bekannteste dieser „Volkslieder“, „Bäm Hontertstreoch“, hat in wenigen Jahrzehnten einen Siegeszug ohnegleichen um die ganze Welt angetreten.
Einige Jahre davor verfasst der Agnethler Schulrektor und Dichter Ernst Thullner das Gedicht „ Af deser Ierd“ das, ebenfalls durch H. Kirchner vertont, sich sozusagen als „zweite Hymne“ der Sachsen etabliert hat.
Ergänzend hierzu muss allerdings erwähnt werden, dass die genannten berühmten Schöpfungen der beiden Autoren wahrscheinlich nicht in ihrer Amtszeit in Agnetheln entstanden sind.
1908 Das heute noch bestehende Kirchendach wird aufgesetzt.
1909 Amtsantritt von Pfarrer Georg Barthmes (1909-1937). Er wird in den Wirren der „Erneuerungsbewegung“ im Jahre 1937 ohne kirchlich-festliche Feier, und dies nach 28- jährigem segensreichen Wirken, verabschiedet.
1914 Bau des Kindergartens neben der Turnhalle und des Predigerhauses.
1916 Die Glocken mit den Jahreszahlen 1809 bzw. 1846 werden zu Kriegszwecken, für die Herstellung von Kanonenrohren, beschlagnahmt. Davor werden zum Abschied als letztes Mal alle vier Glocken eine halbe Stunde lang gemeinsam geläutet.
1923 Bestückung des Glockenturmes mit einer durch Spenden angeschafften großen Glocke, im Volksmund die „Däck“ genannt (Stahl, Æ 1660 mm, 1896 kg) und mit einer kleinen Glocke, genannt Friederike oder „Fritz“ (Stahl, Æ 860 mm, 352 kg), die vom Fabrikanten Wilhelm Andree gespendet wird. Die beiden Glocken werden vom Bahnhof, mit Blumen bekränzt, durch ein Spalier der Schulkinder zum Bestimmungsort gefahren. Sie bilden den Ersatz für die beiden Glocken aus den Jahren 1809 bzw. 1846, die im 1. Weltkrieg beschlagnahmt und eingeschmolzen wurden. Zusammen mit der Glocke „Aolt“ , die im Jahre 1862 umgegossen wurde (Bronze, Æ 980 mm, 350 kg) und dem „Totenglöckchen“ aus dem Jahre 1509 (Bronze, Æ 376 mm, 40 g), besitzt die evangelische Kirchengemeinde vier Glocken. Alle Glocken tragen eine Inschrift. Beispielhaft soll hier die Inschrift der großen Glocke, der „Däck“, erwähnt werden:
„Geschaffen hat in schwerer Zeit mich Opfersinn und Frömmigkeit -1923- Ein fleißig Volk vom Morgen bis zum Abend. In diesem Tal das Lied der Arbeit singt. Du, Glocke, weckst ein höh’res Lied das labend, belebend durch die müde Seele klingt“.
Die Inschrift der „Aolt“ beinhaltet die Namen der Honoratioren, die den Glockenguss im Jahre 1862 veranlasst haben.
Die Inschrift der „Fritz“ beinhaltet die Widmung der Stifterfamilie Andree für ihr verstorbenes Töchterchen Friederike und die Jahreszahl 1923.
Das „Totenglöckchen“ beinhaltet die Inschrift P. A. 1509.
Die vier Glocken: Däck, Aolt, Fritz und Totenglöckchen sind abgestimmt auf Dreiklang Es-Dur (Es-G-B-Es).
Das Glockenläuten wird vom Kirchendiener (Küster, Messner) unter Einhaltung der Läutordnung bewerkstelligt. Diese bestimmt wann, welche Glocke(n), wie lang und zu welchem Zeitpunkt geläutet wird. In Agnetheln wurde mit allen Glocken gleichzeitig geläutet:
- zu Beginn des sonntäglichen Kirchgangs,
- bei feierlichen Anlässen(Hochzeiten) und
- bei Beerdigungen.
Außerdem wurden einige Glocken dreimal täglich wie folgt geläutet:
- Morgenläutenzum Schulbeginn um 7.30 Uhr beginnend mit der „Aolt“, danach mit der „Aolt“ und der „Fritz“ gemeinsam.
- Mittagsläuten12.00 Uhr mit der großen Glocke, der „Däck“.
- Abendläuten, bei Eintreten der Dämmerung, mit der „Aolt“.
Das Läuten aller Glocken in der alten Heimat erfolgt auch bei Beerdigungen von Agnethlern fern von ihrer Geburtsstadt, zeitgleich mit der Beerdigung im Ausland, falls die Hinterbliebenen diesen Wunsch beim Agnethler Pfarramt anmelden.
1930 Renovierungsarbeiten am Glockenturm (am Dachstuhl, der Brüstung und am Turmknopf). Zu den beiden im alten Turmknopf vorgefundenen Schriften aus den Jahren 1616 bzw. 1838 werden in den neuen Turmknopf eine weitere Schrift, Geldmünzen und Fotografien mit Agnethler Motiven gelegt. Auch wird am Turmknopf ein durch eine Spende angeschaffter, neuer Blitzableiter montiert. Das gelungene Erneuerungswerk im Juni gibt Anlass zu einer Feier im Kirchhof mit Teilnahme des Pfarrers, des Bürgermeisters, der Bauleitung, der Bauarbeiter und einiger Gemeindemitglieder.
Im nördlichen Seitenschiff der Kirche wird ein Raum für den Konfirmandenunterricht, Bibelstunden und andere Veranstaltungen geschaffen. Während des Krieges wird durch Zumauern der Spitzbögen das Seitenschiff von dem Mittelschiff abgetrennt und in dem Raum werden Bücher des Brukenthalmuseums zum Schutz vor Kriegseinwirkungen eingelagert.
1935 Abschluss des Erweiterungsbaus der Schule, bei dem viele freiwillige Arbeitsstunden geleistet werden. Über den drei oberen Fenstern wurde der auch heute noch gut leserliche, dreiteilige Spruch:
„Einer Für alle Alle für einen Gott mit uns, angebracht.
1937 Fertigstellung des Rektor-Prediger-Hauses.
1941, November Übernahme der deutschen Konfessionsschulen durch das Schulamt der „Deutschen Volksgruppe“, Auflösung aller kirchlichen Verbände und Vereine (Bruder- und Schwesternschaft, Nachbarschaft, Evangelischer Frauenverein) und Umwandlung in nationalsozialistisch ausgerichtete Verbände.
1944, September Eigenmächtige, weitsichtige und mit viel Gottvertrauen erfolgte Rückübernahme der deutschen Schulen durch die evangelische Kirche von der mittlerweile verbotenen Deutschen Volksgruppe. Erst einen Monat später erteilt das Unterrichtsministerium hierzu eine provisorische und dann ein Jahr später eine endgültige Genehmigung. Der Unterricht in den deutschen Schulen Rumäniens darf weiter in deutscher Sprache erfolgen, ein einmaliger Glücksfall im gesamten, von der Sowjetunion beherrschten, Osteuropa.
1948, August Schulreform. Das gesamte Schulwesen wird staatlich und kommunistisch, das deutsche Schulvermögen enteignet. Fortan gibt es kein eigenständiges deutsches Schulwesen mehr, nur noch staatliche „deutschsprachige Schulen“ und „deutschsprachige Klassenzüge“ an rumänischen Anstalten. Ab 1953 gibt es in Agnetheln auch ein Gymnasium mit deutscher Unterrichtssprache, wodurch die Zahl der studierenden Agnethler beträchtlich steigt. Im Jahre 1957 erhält die Schule eine Kantine und ein Internat.
1952 Reparaturarbeiten am Dach des Glockenturms und Streichen der Zifferblätter.
1958 Im Land finden Politische Einschüchterungsprozesse gegen sächsische Pfarrer, Schriftsteller u. a. statt. In Agnetheln wird Stadtpfarrer Edmund Graeser (1938-1958) in einem Schauprozess zu zehn Jahren Haft verurteilt. Nach 27 Monaten wird er krankheitshalber frühzeitig entlassen und stirbt drei Monate später im Alter von nur 64 Jahren. Die große Anteilnahme der sächsischen Gemeinde an seiner Beerdigung war, neben der großen Wertschätzung des Verstorbenen, auch ein stummer Protest gegen den Terror des kommunistischen Regimes.
Pfarrer Graeser hat die Gemeinde in ihrer vielleicht schwierigsten Zeitspanne, gekennzeichnet durch Krieg, Deportation in die Sowjetunion, Enteignungen, Entrechtungen und Demütigungen der Sachsen, seelsorgerisch betreut.
Weitere Stadtpfarrer: Christian Weiss (Prediger von 1958-1964, Pfarrstelle nicht besetzt), Richard Auner (1964-1987) und Mathias Stieger (1988-1993). Danach betreut einige Jahre Pfarrer Andreas Funk aus Schönberg die Gemeinde. Heute ist Pfarrer Reinhold Boltres der Seelsorger der evangelischen Kirchengemeinde.
1977 Die Harbachbrücke zwischen der Kirchenburg und dem Marktplatz wird abgerissen und durch einen halsbrecherischen, über Treppen zu besteigenden Steg ersetzt. Diese Brücke war für die Agnethler nicht einfach eine Brücke von vielen, sondern die Hauptbrücke, die die beiden vom Harbach getrennten Stadtteile verband und das Bindeglied zwischen der Kirchenburg und dem Zentrum Agnethelns darstellte. Dadurch wurde die fließende Verbindung zwischen der Kirchenburg und dem Marktplatz endgültig beseitigt.
1982 Installation eines elektrischen Läutwerkes für alle vier Glocken, finanziert durch Spenden der Agnethler aus der Bundesrepublik.
2001, August Enthüllung einer Gedenktafel mit den Namen der Agnethler Opfer des 2. Weltkriegs (Soldaten und Russlandeportierte) im Rahmen eines Festgottesdienstes und im Beisein hoher Gäste von Kirche und Forum. Die Tafel wird an dem Pfeiler rechts von der Kanzel angebracht.
2001, August Der Platz vor der evangelischen Kirche erhält den Namen des berühmtesten Sachsenbischofs und Historikers Georg Daniel Teutsch: Piaţa G. D. Teutsch. Das vorhandene Schild wird auf Anregung des Vorstands der HOG, in Absprache mit der Stadtverwaltung Agnethelns, von dieser im Laufe des Jahres 2011 durch ein weiteres Schild in rumänischer und deutscher Sprache mit biografischen Daten des Namensträgers, ergänzt.
2011, auf Anregung des HOG Vorstandes, wird von der Stadtverwaltung Agnethelns ein weiteres Schild in rumänischer und deutscher Sprache mit biografischen Daten von Georg Daniel Teutsch am Fassbinderturm angebracht.